Die "alte" Hofkapelle Osnabrück
Dr. Franz Bösken hat 1937 in seinem Buch "Musikgeschichte der Stadt Osnabrück" zusammengetragen, was über die Hofkapelle im Osnabrücker Schloss im ausgehenden 17. Jahrhundert und in der Zeit davor zu berichten gibt:
Aus: Musikgeschichte der Stadt Osnabrück
Die geistliche und weltliche Musik bis zum Beginne des 19. Jahrhunderts
Von Dr. Franz Bösken, 1937
Die Musik am bischöflichen Hofe.
Kapitel 1. Einzelne Musikanten in älterer Zeit
Zum Hofe des Bischofs, den er als weltlicher Fürst hielt, gehörten die Musikanten. In älterer Zeit können wir allerdings noch nicht von einer Hofkapelle sprechen. Einzelne Musikanten, Trompeter oder Posaunisten, und auch andere, die nur als Spielleute bezeichnet werden, treten bei Hofe auf; in ihren Händen lag andererseits das Nachrichtenwesen. Auch mußten sie bei Reisen des Bischofs vorausziehen und die Ankunft des Fürsten durch ihr Spiel ankündigen. Aus den Hofhaltungsrechnungen sowie aus Osnabrücker Stadtrechnungen erfahren wir einige Namen von Musikanten des Bischofs; auch werden dort ihre Instrumente genannt. Im Jahre 1474 werden die Posaunisten (Basuner) erwähnt. 1483 werden die "Spellude uns Herren van Ossenbrügge" erwähnt, die für eine Nachricht an den Rat der Stadt Osnabrück ein Trinkgeld erhalten. Spielleute ist wohl eine allgemeine Bezeichnung für Musikanten, die nicht Trompeter oder Posaunisten sind, also wohl Pfeiffer oder Fiedler, da jene immer als Trompeter usw. bezeichnet sind. [...] Aus den Hofhaltungsrechnungen ist klar zu ersehen, dass die Musikanten fest besoldet waren und zum Hofpersonal gehörten. [...] Der Bischof Franz Wilhelm lies im Jahre 1643 eine Hofordnung ausarbeiten, [...] die als "Die Forstliche Osnabruggische Hoffordnung Anno 1651" publiziert wurde.
In dieser Ordnung ist der Pflichtenkreis der Musiker fest umschrieben:
´Instruetion für den Trompeter: 1. Unser Dienst ist vor sich selbsten genugsamb bekannt; bey hoff sollen Sie zum essen, auch wann Ihre Hochf. es befehlen, in der Kirchen zu der Music blaesenn. 2. Auff den reysen sollen Sie allemahlen vorher des Hofstaat reitten. In Städten und vornehmen ohrterenn gebüerendt blaesenm wann wir durch oder vorüber reysenn. 3. Der Dienst wechselt wöchentlich. 4. Zu Hoff bey der Tafell und auch am Junkerntisch können sie hier auffwarten.
Geben zu Iburg 1651.´
Kapitel 2. Die Hofkapelle Philipp Sigismunds.
Die erste eigentliche Hofkapelle wurde von dem Bischof Philipp Sigismund von Wolfenbüttel (1591-1623) eingerichtet. Er residierte auf dem alten fürstbischöflichen Schloss zu Iburg. [...] Er war ein besonderer Freund der Musik und hatte wahrscheinlich schon früh am Wolfenbütteler Hof Gelegenheit gehabt, gute Musik zu hören. Die Osnabrücker Chronik schreibt über seine Liebe zur Musik: „und weil ihre Fürstliche Gnade große Lust zu guter Music hatte, ward eine stattliche Hofcapelle gehalten, von kunstreichen Musikanten, so theils auf allerley musicalischen Instrumenten theils in Musica vocali gut erfahren waren.“ in einem Inventarium, welches zu seiner Zeit (um 1600) von Schloss Iburg aufgestellt wurde, werden genannt "Musicanten sambt der Jungen 18 Personen, Trumpeter 5". Die 18 Musikanten bildeten wohl die Hofkapelle, während die fünf Trompeter jene waren, die auch oben erwähnt sind und dem Nachrichtenwesen dienten. Nebenbei sind sie vielleicht zu Hofmusik herangezogen, wie auch Franz Wilhelm sie zu Kirchenmusik benötigte. [...]
Kapitel 3. Die Hofkapelle Ernst Augusts
Eine besondere Pflege erfuhr die weltliche Musik am bischöflichen Hofe durch den Bischof Ernst August I. aus dem Hause Braunschweig-Lüneburg. Er wohnte zu Beginn seiner Regierungszeit mit seiner Frau Sophie von der Pfalz auf dem Schlosse Iburg, später, 1679, erbaute er in der Stadt Osnabrück das neue Schloß. Vor allem war seine Gemahlin Sophie sehr musikliebend. Auf ihre Veranlassung wurden französische Musikanten nach Iburg berufen; als Tanzmeister wurde Jemmes aus Paris angestellt.
In ihren Briefen an ihren Bruder, den Kurfürsten Karl-Ludwig von der Pfalz, schreibt Sophie über das Musikleben an ihrem Hofe: [im Original französisch] "...um mich ein wenig zu belustigen, ist unser Tanzmeister aus Paris mit einer sehr guten Gruppe aus Geigen zurückgekommen, mit einem, der Theorbe und Laute spielet und einem anderen, der Base [Grundstimme] singt, um Nanon und Signor Antonio zu begleiten. So ertönt Musik durch das ganze Haus bis zu den Zimmern, wo meine Kinder auf dem Hackebrett und der Pochette spielen."
[...] Der Einfluss der französischen Kunst am Hofe Ernst Augusts war in dieser Zeit sehr stark, wie ja auch der sehr nah verwandte Hof in Celle der französischen Musik zuneigt. Lernte doch auch Johann Sebastian Bach in Celle französische Kammermusik kennen, nicht ohne von ihr beeinflußt zu werden. Im Jahre 1679 reisten Ernst August und Sophie nach Paris um Kleider usw. einzukaufen. Von dort werden sie auch die meisten Stücke für die Hofkapelle mitgebracht haben. Für Bälle und andere Vergnügungen waren der Tanzmeister Jemmes und seine Frau Nanna am Hofe.